AKTUALISIERT 08/2022! Auswandern leicht gemacht?! Leider nein! Oft gibt es große bürokratische Hürden bis man sich endlich offiziell im auserwählten Land ansässig nennen darf. Wir machen diesen Bürokratie-Wahnsinn gerade in Spanien durch und versuchen, dabei nicht den Kopf zu verlieren. Als kleinen Leitfaden für Interessierte schreibe ich hier unsere persönlichen Erfahrungen in Valencia nieder.

Freizügigkeitsgesetz / EU

Seit 2005 existiert in der EU das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern, welches jedem Unionsbürger und seinen Angehörigen das Recht zuspricht, sich in jedem EU-Mitgliedstaat jederzeit niederzulassen und ohne zusätzlich erforderliche Arbeitserlaubnis eine Beschäftigung aufzunehmen. Dieses Gesetz inkludiert auch Angehörige, welche aus Drittstaaten kommen und bereits in der EU leben, so auch meinen Mann Alejandro, welcher chilenischer Staatsbürger ist und seit mittlerweile sieben Jahren das Aufenthalts- und Arbeitsrecht in Österreich besitzt.

Freizügigkeitsgesetz

Aufenthalt bis zu drei Monaten in Spanien

Bis zu einem Aufenthalt von drei Monaten in Spanien sind keinerlei Meldungen gesetzlich erforderlich. EU-Bürger und deren Angehörige dürfen sich in diesem Zeitraum frei im Land niederlassen und der EU-Bürger auch eine Arbeit aufnehmen. Mitzuführen ist lediglich ein Reisepass/Personalausweis.

Aufenthalt länger als drei Monate in Spanien

Möchte man sich als EU-Bürger mit seinen Angehörigen länger als drei Monate in Spanien aufhalten, so sind bereits einige Meldungen zu machen. Ab 90 Tagen (drei Monate) am Stück oder von mehr als 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen (sechs Monaten) spricht das Gesetz von der Absicht eines langfristigen Aufenthalts im erwählten Land und man muss sich auch als EU-Bürger dort wohnhaft melden. Hintergrund dieser Regelung ist vor allem die Festegung des steuerlichen Wohnsitzes, denn ab einem Aufenthalt von mehr als 183 Tagen in einem anderen Land, verlegt sich auch der steuerliche Wohnsitz dorthin und die Steuern sind im neuen Wahlland abzuführen.

Als EU-Bürger OHNE Drittstaatsangehörigen kann diese Ummeldung vernachlässigt werden. Ich habe von einigen in meinem Umfeld gehört, welche „alles beim Alten“ in ihrem Heimatland belassen und sich dennoch längerfristig im EU-Ausland aufgehalten haben. Seit keine Ein- und Ausreisekontrollen mehr zwischen den Mitgliedstaaten stattfinden, besteht hier keine Kontrolle mehr. Achtung nur z.B. bei der jährlichen „Pickerl“-Überprüfung des Autos, diese muss immer in jenem Land stattfinden, wo das Auto gemeldet ist.

DRITTSTAATSANGEHÖRIGE

☝️ Kompliziert wird es, wenn man so wie ich mit einem Drittstaatsangehörigen auswandert, denn der Zugang zum Arbeitsmarkt gilt IMMER nur im jeweiligen Land, in welchem die Erlaubnis ausgestellt wurde! Das heißt, im Zielland hat der Drittstaatsangehörige KEINE Arbeitserlaubnis!

☝️ Achtung bei Drittstaatsangehörigen: nach spätestens sechs Monaten verliert auch der Aufenthaltstitel gültig im ursprünglichen EU-Wohnsitzland seine Gültigkeit, daher sollte so rasch als möglich nach Einreise im Zielland mit der Ummeldung begonnen werden.

☝️ Noch ein Hinweis, den man von den Behörden nicht so frei mitgeteilt bekommt: das österreichische Aufenthaltsrecht ist deutlich strenger als das europäische Freizügigkeitsrecht. Was bedeutet das jetzt konkret? Hat man einmal den Status als europäischer Freizügiger erlangt (registrierter und nachvollziehbarer Aufenthalt von länger als drei Monaten in einem anderen EU-Land) zählt bei einer Rückkehr nach Österreich für den Drittstaatsangehörigen nicht mehr das österreichische Aufenthaltsrecht, sondern das europäische! Das heißt, man bekommt ohne Umwege eine Daueraufenthaltsgenehmigung in Österreich. Ansonsten müsste man wieder das Antragsverfahren von Null an beginnen: zwei – dann drei – dann fünf Jahre befristeter Aufenthalt und anschließend erst kann der Daueraufenthalt nach österreichischem Aufenthaltsrecht beantragt werden.

Schritt für Schritt zum registrierten Einwanderer

Schritt 1: N.I.E. – número de identificación de extranjero

Die NIE ist eine persönliche und exklusive Ausländer-Identifikations-Nummer, welcher jeder Zuwanderer für den legalen Aufenthalt von länger als drei Monaten beantragen muss. Diese NIE wird in Spanien für sehr viele Prozesse benötigt, man kann sie entfernt gleichsetzen der österreichischen Personalausweis- oder Sozialversicherungsnummer.

Die NIE wird zum Beispiel für die Eröffnung eines spanischen Bankkontos, beim Immobilienkauf, dem Kauf eines Handy- oder Internetvertrages (auch bei Wertkarten!), der Meldung beim Wohnsitzamt oder einer Firmengründung mit Sitz in Spanien benötigt.

Es gibt zwei Wege, wie man nun zu dieser wichtigen NIE kommt:

  • Über die spanische Botschaft im Heimatland
  • Über die spanische Einwanderungsbehörde vor Ort

Beantragung der NIE bei der Botschaft im Heimtland:

Wir haben diesen Weg gewählt, da wir den Prozess ein wenig beschleunigen wollten und tatsächlich durften wir binnen zwei Wochen unsere NIE in den Händen oder besser gesagt im Email-Account halten. Man muss allerdings darauf achten, dass die NIE auf der Botschaft NICHT aus Gründen der Auswanderung ausgestellt wird. In diesem Fall muss die Beantragung direkt vor Ort in Spanien erfolgen. Auf der Botschaft wird die NIE nur dann ausgestellt, wenn man z.B. ein Bankkonto in Spanien eröffnen oder eine Immobilie kaufen möchte oder ähnliche Gründe, welchen zu keinem längerfristigen Aufenthalt in Spanien führen.

Wir haben also angegeben, dass wir gerne ein Bankkonto eröffnen möchten (nach den Gründen hierfür hat uns niemand gefragt) und wir bekamen das Antragsformular EX-15 (Solicitud de Número de Identidad de Extranjero (NIE) y Certificados) ausgehändigt. Dieses ausgefüllt und unter Vorlage unserer Pässe sowie einer Kopie davon wurden alle Daten ins System eingegeben, wir durften die Verwaltungsgebühr (knappe 10 Euro pro Person soweit ich mich erinnere) begleichen und bekamen keine 14 Tage später unsere NIE per Email zugesandt.

Beantragung der NIE vor Ort:

Wenn man sich schon in Spanien aufhält, muss die NIE bei der nächst gelegenen zuständigen Ausländerbehörde (Extranjeria) gestellt werden. Hierzu ist vorab online ein Termin (cita previa) zu vereinbaren, wobei je nach Region und Behörde es sehr mühsam sein kann, einen Termin zu ergattern.

Da ich hierzu keine persönlichen Erfahrungen habe, kann ich leider auch nicht mehr dazu schreiben. Auf der Seite des Innenministeriums findet man dazu umfangreiche Informationen: http://www.interior.gob.es/web/servicios-al-ciudadano/extranjeria/ciudadanos-de-la-union-europea/numero-de-identidad-de-extranjero-nie-

Die N.I.E ist das wichtigste Dokument als Ausländer in Spanien. Sie wird beinahe überall benötigt um sich auszuweisen. Über die Botschaft beantragt, bekommt man das Zertiftikat der NIE erstmal als pdf per Email zugesandt.
Die N.I.E ist das wichtigste Dokument als Ausländer in Spanien. Sie wird beinahe überall benötigt um sich auszuweisen. Über die Botschaft beantragt, bekommt man das Zertiftikat der NIE erstmal als pdf per Email zugesandt.

Schritt 2: Wohnsitz anmelden (empadronamiento)

Mit der NIE in deinen Händen ist der nächste Schritt, den Wohnsitz offiziell anzumelden. Voraussetzung ist dafür natürlich, dass du bereits eine Unterkunft gefunden hast.

Für die Meldung ist das Rathaus (ayuntamiento) des Wohnortes zuständig, indem sich deine Unterkunft befindet. Da ich vermute, dass jede Gemeinde eine eigene Vorgehensweise hat, weise ich darauf hin, dass meine Schilderungen sich lediglich auf Burjasot, eine Nachbargemeinde von Valencia beziehen.

Hier wurde von uns verlangt, ein Formular (steht auf der Homepage der Gemeinde zum Download bereit) mit Angaben zur Person, der NIE, Schulabschluss und des Wohnsitzes auszufüllen, welches vom Vermieter unserer Unterkunft unterfertigt werden musste!

Das unterfertigte Formular, den Original-Mietvertrag, unsere NIE und zusätzlich unsere Personalausweise bzw. Pässe mussten am Amt vorgelegt werden. Auch hier gilt: es ist zuvor online ein Termin (cita previa) zu vereinbaren! Die nette Dame hat unsere Daten in das System eingepflegt und 20 Minuten später verließen wir das Rathaus mit zwei Meldezetteln.

Die Meldung des Wohnsitzes in der neuen spansichen Heimatgemeinde hat reibungslos und zügig funktioniert.
Die Meldung des Wohnsitzes in der neuen spansichen Heimatgemeinde hat reibungslos und zügig funktioniert.

Schritt 3: Eintrag ins bundesweite Ausländerregister

Nun wird es ein wenig komplizierter. Zumindest in Valencia, auf diese Region beziehen sich unsere Erfahrungen. Damit ich nun ganz offiziell als freizügiger EU-Bürger gelte, muss ich mich noch in das Ausländerregister (registro ciudadano de la U.E.) bei der policia nacional eintragen lassen.

Hierzu ist natürlich wieder vorab online ein Termin zu vereinbaren. Und hier stehen wir aktuell und verzweifeln mittlerweile ein wenig. Denn für unseren Heimatort ist eine von vier Polizeistellen in Valencia zuständig und offensichtlich jene mit dem größten Einzugsgebiet. Seit Wochen versuchen wir, hier einen Termin zu ergattern, es erscheint uns momentan fast unmöglich 😵 Nur einmal waren Termine für die zuständige Polizeistelle frei geschalten und bis wir meine Daten eingegeben hatten, waren alle Termin bereits vergeben. Wir sprechen hier von zwei-drei Minuten. Nun, ich werde dich über unseren Fortschritt am Laufenden halten.

UPDATE: wir hatten inzwischen Glück und konnten einen der heiß begehrten Termine ergattern 🥳

Folgende Unterlagen werden von mir gefordert und großteils auch vor Ort einbehalten. Ich empfehle, vor dem Termin Kopien oder Scans davon zu machen.

  • Das ausgefüllte Formular EX-18 (certificado residencia comunitaria)
  • NIE
  • Personalausweis oder Pass
  • Meldezettel (certificado del empadronamiento) Auszug max. drei Monate alt!
  • Beleg der Überweisung der Verwaltungsabgabe von 12 Euro

Zudem muss nachgewiesen werden, dass man dem spanischen Sozialsystem nicht auf der Tasche liegen wird, das kann erfolgen durch:

  • Arbeitsvertrag
    • Aktuellen Arbeitsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von drei Monaten
    • Auszug aus der Krankenversicherung (vida laboral actualizada)
    • Bestätigung über eine aufrechte Krankenversicherung (resolución de reconcocimiento de alta en seguridad social)
  • Als Selbstständiger
    • Auszug aus der Krankenversicherung (vida laboral actualizada)
    • Bestätigung über eine aufrechte Krankenversicherung (resolución de reconcocimiento de alta en seguridad social)
    • Ein selbstverfasstes und unterzeichnetes Schreiben, woran man sich verpflichtet, mindestens drei Monate die Gewerbeberechtigung aufrecht zu erhalten
      UPDATE: mein selbst verfasstes Schreiben wurde nicht akzeptiert, ich bekam vom Beamten einen Vordruck vorgelegt, den ich vor Ort ausfüllen und unterschreiben musste.
  • Ohne Arbeitsvertrag oder Selbstständigkeit
    • Aufrechte Krankenversicherung
    • Genügend Ersparnis auf einem spanischen Bankkonto, wobei „genügend“ jede Gemeinde anders definiert und zudem von den Lebensumständen abhängig ist (Partner, Kinder, etc.). Uns wurde von einem Pärchen ohne Kinder erzählt, dass von ihnen ein Betrag von 8.000 Euro vorgewiesen werden musste. Das ist die einzige Angabe, von der ich je erfahren habe, also kann ich dazu nicht allzu viel schreiben.

Ich habe den Weg über die Selbständigkeit gewählt und problemlos mein Gewerbe in Spanien angemeldet. Aber dazu erzähle ich einem anderen Beitrag mehr darüber.

Auf dieser Plattform versuchen wir seit geraumer Zeit einen Termin bei der Policia Nacionál zu bekommen.

Ich konnte vor Aufregung kaum schlafen in der Nacht vor meinem Termin auf der Behörde…. wird alles  gut gehen…? 😲

Und dann ging alles extrem schnell, ich war keine 15 Minuten am Amt. Meine Unterlagen und Ausweise wurden kontrolliert, ich durfte noch ein Dokument unterschreiben und schon wurde mir meine „Grüne Karte“ mit einem netten „Hasta Luego“ überreicht.

Finally! Offiziell in Spanien ansässige EU-Bürgerin 😍
Finally! Offiziell in Spanien ansässige EU-Bürgerin 😍

Schritt 4: Antrag auf Zugang zum Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige

Nachdem ich nun als EU-Bürgerin im Ausländerregister eingeschrieben bin, darf ich einen Antrag auf Aufenthaltsrecht und Zugang zum Arbeitsmarkt für meinen Mann Alejandro stellen. Bis dahin darf er sich uneingeschränkt mit mir (!) in Spanien aufhalten. Sollte ich zwischendurch das Land längerfristig wieder verlassen, muss er ebenso das Land verlassen, denn sein Aufenthaltsrecht ist bis dato als Angehöriger an meinen Aufenthaltsort gebunden.

Für ihn muss dann erneut ein Termin, diesmal per Email, vorab online erbeten und folgende Dokumente vorgelegt werden. Die Dokumente sind vorab ebenso per Email zu übermitteln.

  • Das ausgefüllte Formular EX-19
  • Heiratsurkunde (Auszug max. sechs Monate alt)
    bei Dokumenten aus Drittstaaten muss dieses erst übersetzt und legalisiert werden. Handelt es sich um ein Dokument aus einem EU-Land, sollte dieses ausreichen. Auf meiner Heimatgemeinde wurde mir auf Anfrage ein „EU-weit internationales“ ausgestellt.
  • Bestätigung der Registrierung des EU-Bürgers im spanischen Ausländerregister (Grüne Karte und Ausweis)
  • Nachweis über einen Arbeitsvertrag oder die Selbstständigkeit des Partners inkl. Auszug aus der Krankenversicherung (vida laboral actualizada)
  • Beleg der Überweisung der Verwaltungsabgabe von 12 Euro

Sollte der letzte Punkt nicht erfüllt sein, gilt auch hier wieder der Nachweis über eine aufrechte Krankenversicherung und genügend finanzielle Rücklagen auf einem spanischen Bankkonto.

Nachdem die Dokumente per Email übermittelt wurden, kam etwa 2 Wochen später eine Email retour, dass Alejandro bei der Extranjería vorsprechen soll, der genaue Termin wird in der Email bekannt gegeben.

Kurz und bündig die Vorsprache: Der Beamte kontrolliert seinen und meinen Ausweis sowie meine Grüne Karte und entlässt ihn mit der Info „Wir melden uns per Email wieder bei Ihnen.“ Auf Nachfrage was dies bedeutet: Es kann nun bis zu sechs Monate dauern, bis die (vorab per Email gesendeten Dokumente) geprüft werden und dann erhält man Information ob noch Dokumente nachzureichen sind oder alles passt. Im Falle, dass alles in Ordnung ist, bekommt er einen neuen Termin zugesandt. Was dann passiert, wurde nicht verraten.

Wir sind neugierig, wie der Bürokratie-Wahnsinn weitergeht und wann man Mann Alejandro endlich auch die Erlaubnis bekommen wird, hier in Spanien arbeiten zu dürfen 🤷‍♀️ Wir halten dich am Laufenden!

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