Nepal
Nach sieben Tagen in Nepals staubiger Hauptstadt Kathmandu, zieht es mich weiter in den Norden, nach Pokhara. Die Stadt liegt am zweitgrößten See Nepals, dem Phewa-See und ist als Ausgangspunkt für Bergtouren auf das Annapurna Massiv bekannt. Doch Pokhara hat viel mehr zu bieten: Tagesausflüge auf die World Peace Pagode, zu den Devi Wasserfällen, in ein tibetisches Flüchtlingsdorf und viel Entspannung und köstliches Essen direkt am Seeufer.
Inhalt
Pokhara, mehr als ein Bergsteigerdorf
Nepal ist vor allem bekannt für seine hohen Berge im Himalaya, einige der 8.000er wie der Mt. Everest oder Anna Purna recken sich hier zum Himmel. Bergsteiger strömen zur Hauptsaison ab Oktober in Massen nach Nepal, vor allem in jene Städte welche als Ausgangspunkt für mehrtägige oder mehrwöchentliche Trekkingtouren fungieren, wie z.B. Pokhara. Noch hat die Bergsteiger-Saison nicht begonnen, daher hoffen wir, noch die Ruhe in der Stadt und am See genießen zu können.
Für meine Reise nach Nepal habe ich nur 14 Tage Zeit und bereits die Hälfte habe ich mit wunderbaren Eindrücken in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals verbracht. Mehr dazu kannst du in meinem Beitrag Kathmandu: Farbenfroh, Lebendig, Gläubig nachlesen. Eigentlich liebe ich das Langsam-Reisen und stresse mich nicht gerne von A nach B, doch diesmal möchte ich noch mehr sehen vom Land und meine Freundin Nicole schlägt vor, nach Pokhara zu fahren, dort soll die Natur unbeschreiblich schön sein.
Anreise im Langstrecken-Bus
Das einfachste und günstigste Verkehrsmittel in Nepal ist der Bus. Die acht-stündige, abenteuerliche Fahrt von Kathmandu nach Pokhara kostet nur 400 Rupien, umgerechnet 3,20 €. Abenteuerlich deswegen, da sowohl die Straßen als auch die Fahrzeuge sich nicht in einem sehr komfortablen Zustand befinden. Hat man Höhenangst, sollte man sich besser einen Sitzplatz am Gang aussuchen und nicht aus dem Fenster sehen, denn die Straßen über die Berge sind sehr schmal und die Böschung steil abfallend. Man hört, dass schon der eine oder andere Bus hinunter geschlittert ist und auch von einigen Todesfällen in diesem Zusammenhang. Meine klare Empfehlung: besser nicht nachdenken, Kopf ausschalten und ins Vertrauen gehen. Alternativ zur Busfahrt gibt es auch eineinhalb-stündige Inlandsflüge, welche sich aber natürlich in deutlich höheren Preisklassen bei um die 150 US-$ wieder finden.
Wir haben Glück und steigen in einen Touristbus, der um 7 Uhr früh noch recht leer war und ergattern die erste Sitzreihe mit unerwartet bequemen Sitzen. Der Name Touristbus sagt nicht viel aus, wir sind die einzigen Touristen unter vielen Nepali. Er ist lediglich ein bisschen bequemer und vielleicht nicht ganz so voll wie die sonst verkehrenden Microbuses.
Bequemlichkeiten sucht man allerdings auch im Langstreckenbus vergebens. Wer eine Klimaanlage bei 40°C Tageshöchstwerten erwartet, oder eine Verpflegung oder ein WC an Board, der sollte besser den Flieger nehmen. Die Fahrt ist lange, Staus sind auf den Stadtein- und Stadtausfahrten keine Seltenheit, Fahrpläne und Abfahrtszeiten gibt es keine, die Sitze sind nur mäßig bequem. Unterwegs wird zwei oder drei Mal Halt gemacht bei öffentlichen Toiletten (in Nepal gibt es, ausgenommen in Hotels, nur Stehklos!) und ein Mal zur Essenpause bei einem einfachen Restaurant. Wer empfindliche Ohren hat, sollte sich besser Ohrenstöpsel einpacken, denn man wird lautstark mit nepalesischer Musik aus den Boxen beschallt.
Die Umgebung, die man bei der Fahrt allerdings beobachten darf, ist unbezahlbar. Hier verpassen Flugreisende viel. Denn die Fahrt führt durch verschiedenste Landstriche, man sieht Reisfelder, Dörfer, das Landleben und auch Bergdörfer beim Überqueren der Pässe. Eine sehr vielfältige Reiseerfahrung.
Ich vertraue vollstens auf meine Freundin Nicole, dass sie mich heil und sicher nach Pokhara bringt.
Die zwei Gesichter der Stadt
Auch wenn Anfang September zur Nebensaison zählt, ist im Stadtteil Lakeside (wie der Name schon verspricht liegt das Viertel direkt am See) alles für den Touristenansturm bereit. Cafés, Restaurants, Shops für Trekkingausrüstung und Tourenanbieter reihen sich nebeneinander. Hier versucht man dem Touristen auch etwas zu bieten, die Straßen sind besser und sauberer, die Shops gepflegter und die Restaurants hygienischer. Einblicke in die Genüsse der nepalesischen Küche gebe ich dir im Beitrag Nepals würzige Küche.
Ganz anders sieht es in jenen Stadtvierteln aus, in denen sich hauptsächlich Einheimische bewegen. Müll liegt auf den Straßen, Essen wird – in unhygienischen Küchen produziert – über die Gasse verkauft, staubige Waren in den Geschäften zum Verkauf angeboten. Nepal ist ein Dritte-Welt-Land, es fehlt an Hygiene, Stromversorgung und Trinkwasser aus der Leitung. Free WiFi wird den Touristen überall angeboten, fällt aber im Stunden-Takt wegen Stromausfall aus.
Zur Monsumzeit sind viele Dörfer nicht erreichbar weil die Straßen in den Bergen wegbrechen. Auf den asphaltierten Straßen in den Städten kann bei Starkregen soviel Wasser stehen, dass sich Leute im Kajak fortbewegen. Dieses Szenario darf ich zum Glück nicht erleben, da Ende August die Monsumzeit schon abklingt und nur mehr abends oder nachts Regen fällt. Dennoch bekomme ich ein einigen Abenden die Gelegenheit nach zu fühlen, wie es wohl zur Regenzeit ist. Ohne Vorwarnung öffnen ich binnen kurzer Zeit die Schleusen und es gießt in wilden Strömen vom Himmel herab. Nachdem mich der erste Regenguss pitschnass nach Hause gejagt hat, habe ich nun abends immer meine Regenjacke dabei 😉
Tagesausflüge um Pokhara
Die World Peace Pagode
Nicole und ich leihen uns ein Moped um 800 Rupien pro Tag (6,40 Euro) und düsen damit etwa 20 Minuten auf den naheliegenden Hügel, auf dem der japanische buddhistische Tempel World Peace Pagode steht und weithin sichtbar in strahlendem Weiß erstrahlt. Die Ruhe hier oben ist himmlisch und wir genießen nach einem Rundgang um den Tempel den wunderbaren Ausblick auf den Phewa-See und Pokhara. Bei klarer Sicht kann man angeblich bis zum Anna Purna Massiv und die Himalaya Bergkette sehen, doch ist dies Ende August/Anfang September sehr selten der Fall und bleibt leider auch uns verwehrt. Diese wunderbare Aussicht hat allerdings auch ihren Preis, denn bevor man den Tempel bewundern kann, darf man beim Erklimmen der 200 Stufen bergauf meditativ in sich gehen und sich achtsam auf das buddhistische Heiligtum einstellen. Nicht so geübten Wanderern wird hier nach kürzester Zeit die Luft ausgehen und so stellen sich Gespräche von selbst ein 😉
Tibetisches Flüchtlingsdorf Tashiling
Am selben Tag nach dem Besuch der World Peace Pagode machen wir uns auf in eine kleines Dorf in der Nähe, von dem Nicole schon einmal gehört hatte. Das besondere an diesem Ort ist, dass hier ausschließlich tibetische Flüchtlinge leben. Das Leben in Tibet unter dem chinesischem Regime ist hart und viele wagen unter Einsatz ihres Lebens die Flucht über die hohen Berge des Himalaya. Wem die Flucht gelingt, den erwartet in Nepal allerdings ein nicht minder schwieriges Leben. Denn tibetische Flüchtlinge bekommen in Nepal keine Aufenthaltsgenehmigung, dürfen kein Land kaufen, kein Auto fahren, nicht wählen. Dieses Gesetz gilt auch für bereits in Nepal geborene Tibeter, somit haben die Menschen hier ebenso wenig Zukunft. Die meisten verdienen ein wenig Geld mit dem Verkauf von tibetischen Souvenirs.
TIPP:
Mir scheint, als finden nur wenige Touristen den Weg in das Flüchtlingsdorf Tashiling. Wenn du also in der Nähe bist, nimm dir die Zeit für einen kurzen Besuch. Die Menschen hier sind so liebevoll und herzlich, sie freuen sich so sehr über Unterstützung. Ich verspreche dir, es wir dein Herz mit Liebe füllen und du wirst mit einem wunderbaren handgefertigtem tibetischen Andenken nach Hause fahren.
Devi´s fall, ein Wasserfall mitten in der Stadt
Inmitten der Stadt Pokhara soll ein Wasserfall reißend hinabstürzen. Als mir meine Freundin Nicole davon erzählt, kann ich mir das gar nicht vorstellen, ist Pokhara doch im flachen Gelände gelegen.
Doch tatsächlich, im Stadtviertel Devi finden wir diesen Wasserfall vor. Für europäische Augen möglicherweise nichts Aufregendes, aber in der Monsumzeit, auch jetzt noch am Ende der Regenzeit im September, schießt das Wasser in starkem Schwall herab und ist eine nette kleine Attraktion für kleines Geld von 30 Rupien (25 Cent) Eintritt. Das Besondere am Wasserfall ist, dass er plötzlich im Untergrund verschwindet und unter der Stadt im Karst weiter fließt.
Ein Spaziergang über das Gelände führt nicht nur an den Wasserfall heran, sondern lädt auch ein, die wunderbare Flora in all seinen natürlichen Wüchsen zu bewundern.
International Mountain Museum
Weiter geht unser Tagesausflug mit dem Moped in das International Mountain Museum. Hier bekommt man einen schönen Einblick in die Geschichte des Bergtourismus im Himalaya-Gebirge, als auch in die Traditionen der in Nepal lebenden Bergvölker.
Bootsfahrt auf dem Phewa-See
Der Phewa-See am Ufer der Stadt Pokhara ist der zweitgrößte des Landes und bietet ein herrliches Panorama. Nicht nur die vielen Restaurants und Cafés im Stadtviertel Lakeside locken mit traumhaften Ausblicken auf den See. All die Stände, welche Boote zur Vermietung anbieten, versprechen eine unvergessliche Erinnerung wenn man sich hinaus aufs Wasser begibt.
Nicole und ich lassen uns von diesem Versprechen gerne verführen und spazieren an diesem schönen sonnigen Tag die Uferpromenade bis an deren Ende entlang. Hier finden wir einen Bootsstand, der uns sofort zusagt und wir zögern nicht lange. Das Angebot reicht von der Vermietung eines kleinen Motorbootes ohne Führer, über Tretboot- und Ruderbootverleih bis hin zu größeren Booten mit Sonnendach und Guide. Heute lassen wir uns nicht lumpen und buchen das Boot mit Sonnenschutz und Bootsführer. Und wir haben Glück, denn weil sonst niemand wartet, bekommen wir zum selben Preis eine Privattour. Die Tour dauert etwa 90 Minuten und uns wurde nicht zu viel versprochen, es ist eine wunderbare Ausfahrt. Unser Guide führt uns an unbewohnte Ufer heran, wo wir dem Sing Sang der Insekten lauschen, erklärt uns immer wieder etwas über die Besonderheiten des Sees und umrundet schließlich eine winzige Insel, auf der ein kleiner Tempel steht. Wir steigen nicht aus, es sieht dort oben auch sehr geschäftig aus. Lieber genießen wir die unbeschreiblich entspannende Ruhe am Wasser. Viel mehr gibt es nicht zu sehen, das Besondere an dieser Bootsfahrt ist einfach, die unsagbar tiefenentspannende Stille zu genießen.
TIPP:
Gönne dir eine Fahrt auf dem Phewa-See mit einem der großen Boote mit Sonnendach und Bootsführer. So kannst du die Fahrt genießen, in Ruhe entspannen und bekommst gelegentlich doch die eine oder andere interessante Information vom Bootsführer angetragen.
Die entspannende Stille am Wasser hat uns beiden so gut getan, dass wir noch ein wenig länger die Seele baumeln lassen möchten. Nicole kennt ein nettes Restaurant etwas abseits vom touristischen Lakeside-Viertel: das Krazy Gecko Restaurant. Um dort hin zu gelangen, spazieren wir circa 20 Minuten vom Zentrum des Viertels erst die Strandpromenade und bis an ihr Ende und dann noch weiter die Landstraße entlang bis hinter die zweite Straßenkurve. Dort nämlich versteckt sich dieses heimelige Restaurant-Café zwischen all dem wunderschönen Grün der Natur und direkt am Seeufer. Wir fühlen uns sofort pudelwohl in dieser kleinen Oase am Ufer des Phewa-Sees und lassen den Tag gemütlich bei einem Cocktail ausklingen.
Abenteuerliche Rückfahrt nach Kathmandu
Nach nur fünf Tagen in Pokhara am wunderschönen Phewa-See treten wir wieder die Rückreise in Nepals Hauptstadt an, mein Flug zurück in die Heimat findet bereits in drei Tagen statt.
Nicoles nepalesischer Freund Joseph, welcher uns schon durch Kathmandu geführt hat, verbrachte ein paar Tage gemeinsam mit uns in Pokhara und unterstützt uns nun, den richtigen Bus zurück nach Kathmandu zu finden. Gar nicht so einfach, denn die Straßen sind voll mit Bussen, ich persönlich würde ohne Hilfe vermutlich verzweifeln.
Joseph findet in den frühen Morgenstunden ein Transportmittel für uns, diesmal aber ist es keiner dieser eher bequemeren Touristbusse, sondern ein ganz einfacher Überland-Langstreckenbus. Komfort? So was gibt es hier nicht. Die Sitze so schmal, dass nicht einmal Nicole und ich gemütlich nebeneinander sitzen können, lautstarkes Gedröhne nepalesischer Musik beglückt uns die ganzen acht Stunden lang, ständiges Anhalten in den kleinen Dörfern, in denen Nepali samt riesig dimensioniertem Gemüsekörben oder Hühnerkäfigen zu- oder aussteigen, jedes Schlagloch in der Straße rüttelt einen von Kopf bis Fuß durch und irgendwann hab ich sogar das Gefühl, jeden Schlag in der Wirbelsäule zu spüren. Ich bin unsagbar dankbar, als ich den Bus in Kathmandu endlich verlassen darf.
Doch bis dahin heißt es noch, sich in Geduld zu üben, denn unser Bus hat irgendwo auf der Strecke eine Reifenpanne. Zum Glück nicht auf den steil abfallenden Bergstraßen, sondern in der Nähe eines Dorfes in der Ebene. Erst sind wir verwundert, warum der Bus solange anhält, obwohl keine rast geplant ist, bis sich ein Passagier nach dem anderen erhebt und aussteigt. Wir schließen uns neugierig an und lugen aus dem Bus. Der Busfahrer und sein Assistent sind schon fleißig am Werkeln, während wir uns fragen, ob wir hier je wieder wegkommen werden. Aber nur zehn Minuten später ist die Show auch schon wieder vorbei, der geplatzte Reifen gewechselt und der Bus nimmt wieder Fahrt auf. Die Jungs sind das wohl gewohnt und man merkt sie sind in Übung. Für uns ein lustiges Abenteuer mehr, das wir zu Haus erzählen können.
TIPP:
Versuche nicht, auf eigene Initiative eine Rückfahrt im Bus nach Kathmandu zu organisieren. Acht oder mehr Stunden in den in Nepal üblichen Überlandbussen zu reisen, ist absolut keine angenehme Erfahrung. Ich hab zwar nicht die Erfahrung gemacht, bin aber sicher, dass eine der unzähligen Tourenanbieter dir weiter helfen und einen der bequemeren Touristbusse buchen oder zumindest Hinweise über Abfahrtszeit oder -ort geben können. Außer du stehts auf Abenteuer, dann auf in den Überlandbus! 😉